Der Ostersamstag 2020 wird in die Geschichte eingehen!
Klar, die Einschränkungen im täglichen Leben, die dem Corona-Virus geschuldet sind, bleiben auch weiterhin omnipräsent.
Und sicher, das Wetter war bombig und hätte wieder einmal dem guten, alten Goethe erneut als Vorlage zu seinem Welthit „Der Osterspaziergang“ dienen können.
Aber der eigentlich bemerkenswerteste Fakt war doch der, dass inmitten von Shutdown und sozialer Distanz 191 Athleten in einem gemeinsamen, virtuellen Team alles aus sich herausgeholt haben, um am dritten, darauffolgenden Samstag bei der Neuauflage der Liegestützchallenge das wahnsinnig anmutende Ziel von 100.000 Liegestützen herunter zu reißen!
Und was sich wie ein SKANDAL anhört – 191 Sportler in einem Wettkampf während der österlichen Kontaktbeschränkungen mitsamt Ausgangssperren – waren in Wirklichkeit tolle Einzelleistungen von ebendiesen vielen Sportlern, vereint als virtuelle Mannschaft.
Seit Wochen trainiert jeder Athlet für sich allein. Oftmals zweifelnd, ob dies alles sinnvoll sein mochte und immer vom Gefühl beschlichen, der letzte, verbliebene Sportler dieses sich im Stillstand befindlichen Planeten‘s zu sein…
Gemeinschaftliche Trainingsgruppen – verboten!
Die Sporthallen und Trainingsplätze – gesperrt!
Ehrgeiz und Können auf den Turnieren und Wettkämpfen zu beweisen – alles abgesagt!
Und dann kommt wieder dieser Samstagmorgen, 6:00 Uhr – und der eingerichtete, virtuelle Chat feuert eine Meldung nach der nächsten an die eingeloggten Athleten raus.
Und plötzlich weiß jeder: „ICH BIN NICHT ALLEIN!“. Da sind noch so viel mehr verrückte Athleten, die sich auch während dieser trostlos erscheinenden Zeit fit gehalten haben.
Dieser Teamgedanke ist den gesamten Samstag präsent und wird durch ständige Tickermeldungen immer wieder befeuert.
Kurzer Rückblick:
Nachdem an den vorangegangenen, „CORONA-lastigen“ Samstagen die ersten beiden Liegestützchallenges eine inoffizielle Stadt-Vereinsmeisterschaft zwischen den Ausdauerathleten des OSSV und den Kampfsportlern des PSV waren, welche der PSV klar mit 2:0 dominierte, wurde nun ein neues Ziel zur Motivation benötigt.
Nach 34.000 Push Up’s bei der ersten und 75.000 Wiederholungen bei der zweiten Auflage, sollte diesmal um 20:00 Uhr – dem Ende des Wettkampftages – die magische Zahl 100.000 in der Statistik aufleuchten!
Die ganze Woche wurden dafür neue Sportler angesprochen, denn mit den bis dato gut 100 Athleten konnte dieses ambitionierte Ziel ja bereits von vornherein als Spinnerei abgetan werden.
Und dann brach der 11. April an. Pünktlich um 6 Uhr wurde der sportliche Tag mit den ersten Meldungen im für alle Aktiven zugänglichen Online-Chat eröffnet. Und so ging es munter weiter, ständig trudelten neue Leistungsnachweise mitsamt Fotos ein und motivierten dadurch gleichzeitig alle Sportler, auch selber ordentlich reinzuhauen!
Mittag dann der erste Zwischenstand – 25.000 Liegestütze waren bis dahin sauber absolviert und erfasst. Aber was für ein Fiasko!!!
Denn immerhin war die Hälfte der Zeit bereits abgelaufen – und noch 75.000 Push Up’s fehlten bis zum selbstgesteckten, ambitionierten Ziel!
Ein jeder neutrale TV-Beobachter hätte spätestens jetzt abgeschaltet.
Kein Zocker würde in diesen Augenblicken auch nur noch eine Klopapierrolle (als aktuell anerkanntes Zahlungsmittel) auf unser Team gesetzt haben!
Und auch mancher Aktive verzagte kurzzeitig ob der gewaltigen Aufgabe, die sich da vor uns auftürmte.
Allessamt verständliche, normale Reaktionen.
Aber heute war nix normal – der Nachmittag entwickelte sich zu einer wahrhaft epischen Schlacht aller Beteiligten, das Unerreichbare doch irgendwie Realität werden zu lassen!
Ja und dann begann sich diese wahnsinnige Spirale nichterklärbaren Sportler-Teamgeistes immer schneller und verrückter zu drehen!
Obwohl räumlich alle voneinander getrennt, zogen wir doch alle gemeinsam an einem Strang.
Die Meldungen aus Kamenz überschlugen sich förmlich und Athleten aus ganz Sachsen meldeten sich mit ihren aktuellen Ergebnissen. Fahrradtouren und Laufrunden wurden immer wieder durch Serien an Liegestützen unterbrochen, die Arbeiten in Haus, Terrasse und Garten entwickelten sich immer mehr zu einem Mehrkampf. Ganze Familien gaben alles, um den kleinen Traum von der utopisch hohen Zahl Wirklichkeit werden zu lassen.
Achja, falls dies bislang noch nicht explizit zur Sprache kam – bei dieser Challenge gibt es keinen Pokal, weder Preisgeld noch Ruhm stehen zur Auswahl.
Nein, es geht um mehr – um einen sportlichen Wettstreit in einer Zeit, in der viele Alltäglichkeiten zum Erliegen gekommen sind und sich eine kleine Anzahl an Unerschrockener durch eine gemeinsame Aktion gegen die Ungewissheit unserer Zukunft zu Corona-Zeiten ähnlich den wagemutigen Galliern im Dorf des Asterix anno dazumal gegen Cäsar zur Wehr setzten!
Antje in der Natur Liegestütze auch beim Reifenwechsel – Sandro Kopfsprung in das Heidekraut – Jens
Und dann schlug die Turmuhr von der Kamenzer St. Marien Kirche achtmal und beendete damit den sportlichen Wettstreit. Es dauerte eine geraume Zeit, bis die Auswertung vorlag -immerhin mußten von der lokalen Judogröße Ingo Lange – welcher professionell alle Angaben prüfte und erfasste – hunderte Informationen aus Chat und Ticker ausgewertet werden.
Und dann kam der Hammer: Exakt 110.341 Liegestütze wurden gewertet!
Wie ein Korken von der Sektflasche feuert, so entlud sich der Jubel über das Erreichen dieses Meilensteins im gesamten Team!
Ein ganz großer Dank an alle unsere 191 Aktiven, welche von Görlitz über Leipzig und Chemnitz vor allem in und um Kamenz herum den Ostersamstag zu einem einmaligen Sporttag für sich und ihre Familien gemacht haben!
Und kein Wunder, wenn bei der Einen oder dem Anderen am Ostersonntag der Muskelkater anstatt des Osterhasens sich mehr recht als schlecht durch Haus und Garten schleppte. Das Erreichen der magischen 100.000 gemeinsam im Team war dieser kleine „Kollateralschaden“ allemal wert.
Und ein kleiner Cliffhanger zum Ende sei uns gestattet:
Es ist noch nicht zu Ende. Die Legende der Liegestützchallenge wird vielleicht noch in einer epischen Schlacht der Generationen fortgeschrieben…
Sport Frei, Eure Athleten vom OSSV, PSV und FreundInnen
Stefan Flachowsky
Frei nach Johann Wolfgang von Goethe (Andreas Seifert)
Link zum PSV Kamenz