Seit 2 Jahren geistert mir die Idee eines 24 Stunden-Fahrens, um den von Freunden schon als Ringelsee getaufen Bärwalder Sees.
Es passt aber auch nicht immer in den Plan, sowas zu machen, speziell wenn man sonst hier und da, bei anderen Wettkämpfen startet und sich die gute Form nicht durch eine verrückte Aktion für die nächsten Wochen kaputt machen will. Durch Corona sind bisher leider alle Wettkämpfe ausgefallen und irgendwo muss man ja auch mit seiner Energie und der guten Form hin.
Als mir mein Kumpel Rainer Neumann sofort zusagte mich zu unterstützen, machten wir uns ein Datum aus und los ging es. Ich bin in solchen Sachen oft ziemlich locker und nicht der, welcher jedes Detail plant oder sich Gedanken über jede Stunde macht. Rainer hat sich sich um vieles drum herum gekümmert, er war wie eine Mutter ohne Brust! 😉
Freitag früh als ich aufgestanden bin, kamen dann doch paar Gedanken auf, 24 Stunden, bist du sicher das du Dir das richtig überlegt hast und plötzlich wuchs der Respekt vor der doch nicht alzu kurzen Dauer. Es ist halt keine normale Trainingsausfahrt wo du nach 4 bis 6 oder vielleicht auch mal 12 Stunden ausgepowert wieder nach Hause kommst, vielleicht noch mit paar Leuten zusammen fährst, wo selbst Touren bis 300 Kilometer wie im Flug vergehen!
Um 9 Uhr trafen wir uns jedenfalls am Ringelsee. 🙂 Wir haben noch bisschen abgesprochen, wann ich was möchte und um 9.36 Uhr ging der Spaß los! Die ersten Runden vergingen wie im Flug, das Wetter war toll, die Gewitter machten einen riesen Bogen um den See, kurzum es war alles perfekt. Es dauerte nicht mal lange, da tauchten Plötzlich 3 prominente Sportler am Horizont auf! Vereinskumpel und Profitriathlet Markus Thomschke hatte seinen Trainer und ehemaligen Hawai Sieger von 2005 Faris al-Sultan und einen weiteren Sportkumpel im schlepptau. Nach kurzem Plausch musste ich aufpassen, dass ich bei soviel Prominenz nicht gleich vor Kraft die Fahrradkette zerreiße. 😉
So drehte ich meine Runden und schaute mir manchmal sehr amüsiert die Kommentare im Whatsapp Gruppenverlauf an.
Gegen 18 Uhr kamen meine beiden Mädels mit paar Freundinnen und picknickten am See. Ich hielt ne kurze Weile, kühlte mich mal im See ab und habe auch bisschen was gegessen, um bis zum nächsten Imbiss, den es um 21 Uhr in Form von Spaghetti Bolognese gab, angeliefert von meiner Mama, bekam.
Es ging alsbald weiter, aber schon eine Runde später musste das Licht ans Rad dran und ich musste schon wieder halten. Wir machten noch paar absprachen für die Nacht und Rainer hatte sich noch einen Kumpel bestellt, der mich in der Nacht mit allen Versorgte, was ich so brauchte.
Die ersten 3 Runden in der Nacht waren echt beschissen. Ich habe kaum die Abzweigungen des Radwegs gesehen, da der Lichtschein der Lampe gerade auf die Straße schien. Somit was es extrem schwierig halbwegs mit normaler Geschwindigkeit weiterzufahren. Dazu kommt, das es sehr viele Hasen, Füchse und Wildschweine gibt, die oft den Weg kreuzten und bei 40 km/h über einen Hasen zu fahren ist nicht lustig. Dazu gesellten sich an den Stränden und einigen Hütten junges Partyvolk, was mit reichlich Alkohol feierte und einige gingen im stockdunklen sogar ne Runde spazieren. Da musste ich noch aufpassen, dass ich die nicht plötzlich überfahre! Am nächsten Morgen sah es an einigen Stellen des Strandes auch dementsprechend aus. Warum kann man sein mitgebrachtes Zeug dann nicht auch wenigstens im 30 Meter entfernten Mülleimer entsorgen?!
In der Nacht bin ich nur 3 Runden am Stück gefahren, die Müdigkeit war nicht so schlimm, aber die Konzentration ist viel höher als am Tag. Nach den ersten 3 Nachtrunden lag ich erschöpft auf dem Radweg, spürte ganz deutlich die Hitze des Aspahlts unter mir, schaute in die Sterne und fragte mich, warum ich diesen Sch…. hier eigentlich machen. Es wäre doch um einiges schöner, hier liegen zu bleiben und den tollen Himmel weiter anzuschauen oder im Bettchen zu liegen.
Doch 1 Runde später lief es schon wieder wie verrückt, ich fegte mit fast 40 Stundenkilometern durch die Nacht und es lief unglaublich gut. Das erste Tief war überwunden. Ich wollte gar nicht anhalten, entschied mich aber trotzdem gegen 1.30 Uhr erneut kurz zu Pausieren. Danach ging es nicht mehr so gut weiter. Ich hab in den nächsten 3 Runden kaum was getrunken und nix gegessen. Ich dachte, wenn ich die 3 Runden geschafft hab, wird es hell und es Läuft von selbst wieder. Leider war das gegenteil der Fall. Es wurde zwar hell, aber ich hatte keine Energie mehr, hab mich zum Trinken gezwungen. Mir war leicht übel und ich wollte eigentlich überhaupt nicht mehr. Jetzt war es eine reine Willenssache! Ich zwang mich zu trinken und versuchte die hochkalorienreiche Nahrung runterzuschlucken. Es ging langsam Bergauf, ich spürte wie die Kraft wieder etwas zurück kam und gegen 5 Uhr kam auch die ersten Freunde um bischen mit mir um den See zu kreisen. Die haben natürlich recht frische Beine und ich spürte langsam jede Kurbelumdrehung an meinem Hintern und in den Oberschenkeln. Dazu schmerzten die Zehen extrem. Ich bin oft aus den Schuhen um sie etwas zu bewegen, machmal auch kurz vom Rad um barfuß paar Schritte zu rennen.
So näherte sich die Zeit der gesteckten 24 Stunden Grenze und mein Kumpel Flachy [Anm. Stefan Flachowsky] begleitete mich bis zur letzten Runde.
Es war geschafft, 710 km in 24 Stunden.
Schon wenige Stunden später kam mir der Gedanke, dass ich das wiederholen möchte. Mir gehts 24 Stunden später schon wieder fantastisch.
Ich möchte mich nochmal bei Rainer Neumann und Piezi für die Vorortbetreuung bedanken. Und alle anderen die mich per Whatsapp oder zwischenzeitlich auf dem Rad begleitet haben.